Nachhaltig und klimaschonend in die Zukunft
Audi steckt in einem Strukturwandel dabei wird eine schonende Produktion und die Wiederverwertung von bereits verbauten Materialien immer wichtiger
Susanne Ehrnthaler, Vorsitzende des Presseclubs Ingolstadt, bedankte sich bei Josef Schön von der AUDI AG mit einem kleinen Kräutergarten.
Ingolstadt: Die Region 10 ist stark von der Automobilindustrie geprägt. Die AUDI AG und viele ihrer Zulieferer haben einen sehr großen Anteil an den vorhandenen Arbeitsplätzen in Ingolstadt und Umgebung. Der Presseclub Ingolstadt lud Audi Nachhaltigkeitsexperten Josef Schön zu einem Gespräch über die Zukunft der Automobilindustrie im Allgemeinen und über Audi im Besonderen ein. Ob E-Mobilität, schonender Umgang mit Ressourcen oder Recyclingstrategien. Die AUDI AG und ihre Partner in der Zulieferindustrie stehen vor großen Herausforderungen. Josef Schön von Cooperated Strategy and Sustainability. gewährte Einblick in die Planungen des Ingolstädter Automobilbauers.
Josef Schön blickte beispielsweise auf die Wertschöpfungskette, die im Grunde frei von Kinderarbeit, Ausbeutung, Raubbau und Naturverschandlung sein soll. „Wir können tatsächlich nicht versprechen, dass nicht irgendetwas in dieser langen Kette noch im Argen liegt. Aber wir arbeiten jeden Tag mit Nachdruck daran, solche Schwachstellen auszumerzen.“ Der Weg von Audi durch die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zum Bergbaubetrieb sei lang. Wolle man ethisch wirtschaften, sei nicht diese gesamte Kette das Ziel. Das sei ein Weg, so ist sich Schön sicher, der wohl nie enden werde, da es immer etwas zu verbessern gebe.
Die Automobilhersteller müssten über die Stoßfänger hinaus denken – und das tue Audi auch. Allerdings müsse man sich eines vergegenwärtigen: Mobilität sei essentiell für uns und nur eine mobile Gesellschaft sei überlebensfähig.Nun gelte es, Mobilität und Nachhaltigkeit zusammenzubringen. „Audi verdient mehr und mehr Geld im Bereich Nachhaltigkeit.“ Die Nachfrage nach E-Autos ziehe gerade ganz enorm an. „Wir sind an dem Scheitelpunkt, an dem neben Enthusiasten und Neugierigen auch die breite Masse an Umstieg denkt.“
Schaut Josef Schön auf den Klimareport, wird eines schnell klar: Die Stellschrauben müssen noch enger angezogen werden. „Ziel ist es, kein menschengemachtes CO2 nach 2050. Wir wollen den letzten Verbrenner 2035 aus der Halle rollen lassen.“
Dass Audi 1989 mit einem Audi DUO, einem Hybridfahrzeug, seiner Zeit weit voraus war, vergaß Josef Schön nicht zu erwähnen. „Aber wer zu früh dran ist, ist auch unpünktlich.“ E-Autos müssen erstrebenswert sein, da ist sich Schön sicher. Sie dürften nicht als Sparbrötchen wahrgenommen werden. Daher auch der Weg von Audi über die etwas wuchtigeren SUVs. Große Fahrzeuge würden zwar mehr Material verbrauchen, aber der Ausweg dabei sei die „Circular Economy“, was mehr als Recycling bedeute. Wichtig sei es, dass die Autos bereits so entwickelt und gebaut werden, damit deren Einzelteile nach dem Lebencyclus leichter wieder verwendet werden können. „Am liebsten wäre mir ein gut versteckter Knopf. Wenn man den drückt, müsste das Auto in all seine Einzelteile zerfallen.“ Deshalb werde zum Beispiel verstärkt an Klebern gearbeitet, die man irgendwann wieder lösen könne. Auch Fügemethoden werden neu entwickelt. Effizient zusammensetzen und genauso effizient wieder trennen müssten sich die einzelnen Baustoffe lassen. „Aber eines ist klar: Bei den Abschottungstendenzen mancher Rohstoff liefernden Länder und den zahlreichen Risikogebieten erhält der Rohstoffkreislauf eine immense Bedeutung.“
Die Mobilität, so der Nachhaltigkeitsexperte, wird mehr und mehr zu einem „mobility as service“ - Modell. Schlagworte wie „Mobility on Demand“ (man wählt und bestellt seine Fortbewegungsmittel je nach Entfernung und Notwendigkeiten) oder „Carsharing“ (Organisierte Nutzung von einem Fahrzeug durch mehrere Nutzer und Nutzerinnen) sind aus diesen Plänen nicht wegzudenken.
Josef Schön ist sich sicher, dass die Batterien der E-Fahrzeuge einen enormen Entwicklungsschub nehmen werden. „Schon die Fahrzeuge, die jetzt gerade entwickelt werden und dann in zirka sieben Jahren auf dem Markt kommen, werden ganz anders sein als die heutigen E-Autos.“
Wichtig sei es, dass der Automobilhersteller bei dieser Produkt- und Produktionstransformation die Menschen mitnehme. Außerdem schaue Audi auch nach rechts und links, wenn es darum geht, das Klima zu retten. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist die Methode, wie man der Atmosphäre CO2 entziehen kann. Neben der Renaturierung von Mooren und dem Aufforsten von Wäldern gebe es natürlich auch technische Lösungen, wie die Air Capture Anlage von Climeworks. Das Schweizer Unternehmen errichtete auf Island die weltweit erste Anlage zur Versteinerung von atmosphärischen CO2. Als Partner ist Audi mit an Bord. Mit dieser Idee möchten Audi und Climeworks jährlich rund 4000 Tonnen CO2 aus der Luft filtern, die dann carbonisiert, also regelrecht versteinert werden.
Nicht versteinern soll allerdings die Innovationsfreudigkeit der Mitarbeiter. Und nicht nur die sind gefragt. Laut Josef Schön unterstützt Audi junge Ideengeber. „Wir bieten geschützte Räume und Anschubfinanzierungen. Und wir bauen eine Kultur des Scheiterns auf.“ Denn wer etwas riskiere, müsse auch mal scheitern können, ohne dass er beim nächsten Mal gebrandmarkt ist. Zum Schluss ein Bekenntnis von Josef Schön über den Elektroantrieb mit Akku. „Bei Biokraftstoffen kommt am Ende des Tages doch wieder CO2 in die Atmosphäre. Und bei Wasserstoff spricht einfach der Wirkungsgrad dagegen. Jede Umwandlung frisst Energie.“
Text: Manfred Dittenhofer