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Die Welt als Lebensfläche

Wer das Klima schützen will, muss weit über den Klimaschutz hinaus denken. Dies geschieht im Ingolstädter Institut für angewandte Nachhaltigkeit

Autor: Manfred Dittenhofer / Besuch bei Professor Reinhard Büchl, Institut für angewandt Nachhaltigkeit am 10. November 2021

Ingolstadt Zeitfenster, die sich rasch schließen. Abgründe, die rasch näher kommen. Die Menschheit belastet die Erde über Gebühr. Deshalb ist der Klimaschutz die größte Aufgabe der Menschheit. Aber nicht nur das. Die Probleme sind weitreichender. Gerne wird dabei über Nachhaltigkeit gesprochen. Was aber ist eigentlich mit Nachhaltigkeit gemeint? In Ingolstadt hat sich das Institut für angewandte Nachhaltigkeit etabliert. Dort arbeitet Professor Reinhard Büchl mit seinem Team daran, dass der Mensch sich auch, aber nicht nur, darauf besinnt, das Klima zu retten. Im inas, so die Abkürzung des Forschungsinstituts, das eng mit der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und mit der Technischen Hochschule Ingolstadt verflochten ist, geht es um weit mehr. Denn Nachhaltigkeit hat nicht nur mit dem  Klima zu tun.

Wenn Reinhard Büchl ein Bild für die Menschheit und ihre Lebensgrundlagen braucht, wählt er nicht die Kugel, sondern eine flache Ebene. Das heißt aber nicht, dass für inas die Welt eine Scheibe ist. Vielmehr nutzt Büchl das Bild der dreieckige Fläche, die die Lebensplattform der Menschheit darstellen soll. An den drei Ecken ruht diese Lebensebene der Menschheit auf drei Säulen: der Ökologie, der Ökonomie und dem Sozialen. Diese drei Säulen stehen wiederum auf einer Plattform, die von einer  zentralen Säule getragen wird: dem Frieden. Und das tragende Fundament von allem, denn darauf beruht der Friede, ist das Klima – also die Lebensbedingungen auf unserem Planeten. Büchl zeigt sehr anschaulich, was geschieht, wenn die drei Säulen aus dem Gleichgewicht gerate:  Die Lebensebene hängt schief. Die Menschen finden keinen Halt mehr.

Im Anschluss geht Büchl mit der Menschheit erst einmal hart ins Gericht. Kriege und Konflikte in vielen Regionen auf dem Globus. Weltweite soziale Ungleichheiten, aber nicht nur von Land zu Land, sondern auch innerhalb der Staaten. Eine aus den Fugen geratene Ökologie. Und eine Ökonomie, der die Leitplanken und Vorgaben fehlen.

Dabei seien Ökonomie und Ökologie sehr wohl miteinander vereinbar, so das Credo des Ingolstädters. Außerdem beschränke sich Nachhaltigkeit nicht nur auf die Rettung des Klimas. Nachhaltigkeit müsse in den Köpfen verankert werden. Und das beginne bereits im Kindergarten. Wenn Reinhard Büchl im Vorlesungssaal die Erstsemester der Businessschool der THI vor sich hat, möchte er sie regelrecht wachrütteln. Zu sehr seien die Menschen zu digitalen Bürgern geworden, sollten aber zu nachhaltigen Bürgern werden. Das wirklich Wichtige und Erstrebenswerte werde nicht mehr erkannt. Obwohl uns die Pandemie einen Spiegel vorgehalten und gezeigt habe, was für die Gesellschaft wirklich wichtig sei.

Büchl zeigt die wichtigen Gruppen und ihre Verantwortung auf dem Weg zur Nachhaltigkeit auf. Da ist zuerst einmal die Politik, die die Ziele definiert und die Leitplanken auf dem Weg zu diesen Zielen setzt. Zusätzlich dazu hat sie natürlich auch eine Vorbildfunktion. Dann gibt es die Wissenschaft, die Ziele und Lösungswege aufzeigt, Strategien erarbeitet, berät und aufklärt. Die Wirtschaft schafft im Rahmen der Leitplanken neue Lösungen, sorgt damit für Akzeptanz und die daraus resultierende Verhaltensänderung. Und zuguterletzt ist dann noch der Bürger, der diesem Weg folgt. Und zwar  aus Einsicht und Eigeninteresse, weil er die Richtigkeit versteht. „Wir müssen nicht verzichten, wir müssen verändern.“ Das Ingolstädter Institut möchte Hilfen anbieten auf diesem Weg, hin zu einer Nachhaltigkeit, die auf die Ressourcenschonung und den Umweltschutz genauso schaut, wie auf soziale, ethische und gesellschaftliche Aspekte.

Ein Beispiel für angewandte Wissenschaft ist das Projekt „Start Future Now“, mit dem inas mittelständische Unternehmen auf die Zukunft vorbereitet. „Der Weg hin zu nachhaltigem Konsum und Produktion ist unaufhaltsam. Davon sind alle Unternehmen und vor allem die Mittelständler betroffen. Und bei den kleinen Unternehmen, die weder das Know-How noch die Zeit und das Personal haben, kommen wir ins Spiel.“ inas begleitet Mittelständler auf dem Weg in die Nachhaltigkeit, was aber nur einer von vielen Ansätzen ist. Den Professor Reinhard Büchl kämpft, inzwischen mit sechs Mitstreitern, an vielen Fronten. Am Ende konzentriert Reinhard Büchl all sein Streben auf ein einziges, wie er es nennt, Gebot.  Das Gebot der Nachhaltigkeit: „Keiner lebe zu Lasten des anderen – weder zeitgleich noch zeitversetzt!“ Damit wäre endlich auch der Generationenvertrag erfüllt.

ENDE

  • Lebensgrundlage Prof. Büchl

  • Weg zur Nachhaltigkeit Prof. Büchl

  • Zertifikate