Besuch der Gunvor Raffinerie am Mittwoch, 9. Oktober 2024
Ort: Ingolstadt Kösching
Die Gunvor Raffinerie östlich von Ingolstadt feiert heuer ihren 60 Geburtstag. Der perfekte Anlass, dass der Pressclub Ingolstadt der Raffinierie einen Besuch abstattet. In den 60ern entstanden gleich mehrere Raffinierien im Großraum Ingolstadt und sorgen auch heute noch für die Versorgung Bayerns. Ein Teil des Raffineriegeländes liegt auf Ingolstädter Gebiet. Der Großteil der Produktionsanlage und die gesamte Verwaltung liegen auf Köschinger Flur und gehören damit zum Landkreis Eichstätt. Eine Besonderheit, die durch die Gebietsreform in den Siebzigern zustande kam. Das ist aber nicht die einzige, die die Raffinerie vorzuweisen hat, die in ihrer 60-jährigen Produktionsgeschichte auch einige Täler zu durchqueren hatte.
Bei der Eröffnung der Raffinerie prangte weithin sichtbar das Esso-Logo auf dem Gelände. Beleuchtet war es auch nachts von der Autobahn aus gut zu sehen. 2007 allerdings verschwand dieses Firmenlogo als Esso das Werk an die Petroplus Holding verkaufte. Uwe Bernhard, Leiter für Sonderprojekte am Gunvor-Standort Ingolstadt-Kösching, kann sich noch gut daran erinnert, hatte er doch seine Arbeit in der Raffinerie aufgenommen: „Mit der Übernahme begann für uns hier in der Raffinerie eine neue Ära.“ Habe Esso gerade mal so viel investiert, dass die Anlagen den rechtlichen Vorgaben genügten, habe Petroplus den Standort richtig weiterentwickelt. Allerdings währte die Freunde nicht allzu lang. Im Januar 2012 musste die Petroplus Holding Insolvenz anmelden. Der Umsicht des Insolvenzverwalters sei es zu verdanken gewesen, dass die Raffinerie in einem so genannten Warmhaltebetrieb gefahren wurde. „So konnte jeder Investor sofort mit der Produktion weitermachen. Es musste nicht langwierig angefahren werden.“ Bereits im Mai präsentierte der Insolvenzverwalter mit dem Schweden Torbjörn Tornquist einen neuen Investor. Heute ist die Gunvor Group einer der größten unabhängigen Ölhandelsunternehmen mit Sitz in der Schweiz und Registrierung auf Zypern.
Zu Betriebsbeginn war das Kerngeschäft von Gunvor der Import von russischem Öl. Heute liegt der russische Anteil laut Uwe Bernhard bei Null.
Beim Blick auf die Produktpalette findet man neben den Treibstoffen Benzin und Diesel in den verschiedenen Beimischungsgraden und neben chemische Produkten wie Propan und Putan auch Wasserstoff, den Gunvor in überwiegender Menge zur Entschwefelung der Kraftstoffe selbst verbraucht. Und ein ganz wichtiges Produkt für Ingolstadt – nämlich Wärme. Im Juni 2011 ging die knapp fünf Kilometer lange Fernwärmeleitung in Betrieb, die Audi mit Prozesswärme versorgt. Gunvor liefert seither rund 130 Gigawattstunden Abwärme. Das entspricht einer Einsparung von rund 28.000 Tonnen CO2.
Gunvor wäre in der Lage, mehr Wasserstoff produzieren. Und mit grünem Erdgas könnte auch grüner Wasserstoff produziert werden. Aber, so Uwe Bernhard, der so entstandene Wasserstoff werde nicht als grün eingestuft. So würden durchaus nachhaltige Technologie regelrecht ausgebremst. Dabei solle man ergebnisoffen alle Technologien zulassen, die dem Klimawandel entgegen wirken können. Für die Zukunft von Gunvor können neben der Wasserstoffproduktion auch nachhaltige Kraftstoffentwicklungen wie zum Beispiel E-Fuels eine große Rolle spielen. Ausschlaggebend, so Uwe Bernhard sei die Politik, die seiner Meinung nach nicht überwiegend an elektrische Mobilität denken sollte. Denn Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe würden auch ein Speicherproblem lösen..
Mit Rohöl versorgt wird die Raffiniere von der Transalpinen Pipeline TAL, die im italienischen Hafen Triest beginnt und direkt neben der Gunvor Raffinerie endet. 110.000 Barrel werden in der Köschinger Raffinerie verarbeitet – täglich! Das entspricht einem Jahresdurchsatz von fünf Millionen Tonnen Rohöl, etwa fünf Prozent des deutschen Jahresverbrauchs. Dass alles reibungslos läuft, dafür sorgen 360 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die etwa 150 Beschäftigten vieler Partnerfirmen. Das Werksgelände umfasst 128 Hektar, was rund 155 Fußballfeldern entspricht.
Unser besonderer Dank gilt Uwe Bernhard, Leiter für Sonderprojekte am Gunvor-Standort Ingolstadt-Kösching, der uns einen unvergesslichen Abend beschert hat.
- Manfred Dittenhofer
Der hohe Zylinder in der Mitte des Bildes ist Teil des MINERVA Projekts zur Entschwefelung der Rauchgase. MINERVA steht für Modern Ingolstadt Emission Reduction Via Amine, eine Reinigungsstufe, um den Schwefel zu extrahieren. Foto: Manfred Dittenhofer
Mit dem Bus über das Raffineriegelände - ein Besuch des Presseclubs Ingolstadt machte es möglich. Foto: Manfred Dittenhofer